Samstag, 10. März 2012

Lebensunterhalt als Trader verdienen

Lego-Giraffe in Berlin
Den Lebensunterhalt als Trader verdienen. In diesem Satz stecken drei Worte, die ich etwas näher betrachten möchte: Lebensunterhalt, Trader und verdienen.

Zuerst - wie hoch muss der Lebensunterhalt sein?
Fangen wir mit dem Lebensunterhalt an. Wieviel Geld braucht man mindestens zum Leben?
"Die Zeit" schreibt dazu: "Die Armutsgrenze für eine allein lebende Person liegt bei 764 Euro, für ein Paar ohne Kinder 1376 Euro."
Damit hätten wir zunächst die Einkommens-Untergrenze definiert, wie immer der Leser dazu stehen mag. Aber reicht dieser Betrag tatsächlich?
Wenn man als Trader seinen Lebensunterhalt verdienen möchte, dann bedeutet das zunächst einmal, dass man keinen weiteren Job hat. Als Trader ist man also selbständig. Als Selbständiger muss man sich selbst kranken- und rentenversichern. Und zwar nicht nur den Arbeitnehmeranteil, sondern den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil. Bei so geringem Einkommen (bis 1916,25 €) zahlt man in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung einen Mindestbeitrag von ungefähr 230 Euro. Die gehen also schon mal davon ab. Die Rentenversicherung ignorieren wir mal, denn wir hoffen ja, als Trader ein Vermögen anzuhäufen, so dass wir auf die schmale staatliche Rente nicht angewiesen sind.
Dann bleiben etwa 530 Euro übrig, um Miete zu bezahlen, Strom und Internet und Essen zu kaufen. Bekleidung braucht man als Trader ja nicht unbedingt...
Aber ein Dach über dem Kopf und eine solide Internetverbindung sind zwingende Voraussetzung für den Erfolg.
Wahrscheinlich würde man etwas Wohngeld bekommen, aber in den Dschungel der deutschen Sozialgesetzgebung begebe ich mich jetzt nicht. Wir stellen also fest, dass die Armutsgrenze für einen Trader nicht in Frage kommt. Ich denke mal, dass man irgendwo mindestens 1.500 Euro monatlich braucht, um halbwegs über die Runden zu kommen. Davon gehen dann natürlich auch noch ein paar Einkommenssteuern ab.


Und welches Startkapital braucht man?
Jetzt rechnen wir rückwärts. Ich nehme eine Kapitalverzinsung von 10% pro Monat beim Traden an. Das ist schon ein anspruchsvolles Ziel. Wenn 1500 Euro diese 10% sein sollen, brauchen wir also ein Tradingkapital von 15.000 Euro. Mit diesem Kapital muss ich bei 20 Tradingtagen im Monat also jeden Tag einen Gewinn von 75 Euro machen. Jeden Tag. Bei jeder Marktlage. 12 Monate im Jahr. Pro Woche sind das ungefähr 375 Euro.

Welchen Stopp Loss kann ich mir leisten?
Ich trade zur Zeit mit 0,05 Lot und schaffe damit durchschnittlich ca. 15 Euro pro Woche. Beim gleichen Tradingstil müsste ich für 375 Euro Wochenergebnis mit 1,25 Lot handeln. Ein Pip hat bei dieser Größenordnung einen Wert von 9,50 Euro.
Jeder vernünftige Trader weiß, dass man max. 2 % seines Kapitals je Trade riskieren darf. Bei 15.000 Euro Startkapital sind das 300 Euro je Trade. Und wenn ich jetzt annehme, dass ein Pip 9,50 Euro kostet (1,25 Lot), kann ich also max. 31 Pips als Stop Loss nehmen. Das ist schon grenzwertig. Meine Erfahrung sagt, dass 35 Pips auf Stundenbasis eher richtig sind. Die fehlenden 4 Pips entsprechen 38 Euro, das Risiko würde dann also 338 Euro statt 300 Euro betragen. Und wenn ich jetzt rückwärts rechne, entspricht das bei 2% Risiko einem Tradingkapital von 16.900 Euro.
So das hätten wir also.

Zusammenfassung der Berechnung
Zusammenfassung: 16.900 Euro Startkapital, 35 Euro SL, 1,25 Lot, Wochenziel 375 Euro ergibt bei 10% Kapitalverzinsung ein Monatseinkommen brutto von 1500 Euro.
Das ist ziemlich ernüchternd, denn schön wäre natürlich, wenn sich auch das Startkapital noch vermehren würde...


Gerhard Richter - abstraktes Gemälde
Der Trader als Beruf - was macht man so?
Nun, als Trader hat man ja ziemlich viel Freizeit, insbesondere, wenn man in größeren Zeitebenen unterwegs ist. Die kann man natürlich nutzen, um "nebenbei" ein Buch zu schreiben, sein Wissen in Seminaren an Newbies weiterzugeben oder - ganz anders - seinen Biogarten zu bewirtschaften, Bilder zu malen, Pullover zu stricken oder eine große Lego-Giraffe zu bauen. Denn nicht jedem liegt es ja, ein Buch zu schreiben oder Unterricht zu geben. Wir sehen also, dass der Beruf Trader recht weit gefasst werden kann. Eine Nebenbeschäftigung hat natürlich mehrere Vorteile: man versauert und vereinsamt nicht vor dem Bildschirm, geht bestenfalls sogar einem anregenden Hobby nach und diversifiziert seine Einkommensquellen.


Und wie ist das mit "Das hab ich mir verdientt!"?
Und verdient hat man dieses Einkommen allemal. Denn der Job eines Traders ist ein psychologischer Knochenjob. Man ist zum Erfolg verdammt. Jeden Tag tritt man gegen sich selbst an. Man hat nie die Garantie, dass der Trade Gewinn bringt und dass am Ende des Monats tatsächlich die 1500 Euro auf dem Konto sind. Aber welcher Unternehmer hat das schon? Jeder Mittelständler kämpft Monat für Monat um Aufträge, um neue Kunden, um Qualität und niedrige Kosten.
Der Trader hat den Vorteil, sich nicht mit Geschäftspartnern - Lieferanten wie Kunden - herumärgern zu müssen. Er kann seinen Tagesablauf weitgehend selbst bestimmen. Und wenn alles gut geht, kann er sogar am Strand liegen und Geld verdienen. Oder Trades nachts laufen lassen und im Schlaf Geld verdienen.

Das sind doch wunderbare Aussichten.

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